TOP GEAR vs THE GRAND TOUR | CLARKSONISMEN

© BBC | Top Gear

Clarksonismen | 2023 | 2024

Die BBC Two Fernsehsendung „Top Gear“ ist ein Exportschlager. 350 Millionen Menschen dürfen sie in 214 Ländern und ausgestrahlten Territorien sehen. Eigentlich geht es bei dem Konzept formal um Autos, aber wirklich nur formal, denn der Hauptfokus liegt darin, welchen Blödsinn bis Irrsinn man mit Autos bewerkstelligen kann. Die Crew fuhr einmal mit einem Porsche durch Argentinien, am Heck mit der sichtbaren Autonummer H982 FKL, einer perfiden Anspielung auf den britisch-argentinischen Falkland-Krieg aus dem Jahr 1982. So zumindest verstanden das die Argentinier, welches zu einem diplomatischen Zerwürfniss gereichte. Ideengeber und Moderator Jeremy Clarkson bedient zudem erfolgreich das Image des britischen Humors, ein zwar stramm konservativer, aber regelmäßig aus der Rolle fallender Journalist, nur zu oft mit politischer Unkorrektheit gesegnet. Interessanter- bzw. bezeichnenderweise kommt das alles gepaart beim Publikum hervorragend an, seine Fans lieben es. Seine Sprüche haben es auf der britischen Insel im Übrigen zu einem feststehenden Begriff – „Clarksonismen“ – geschafft. So merkte Clarkson über den Porsche Cayenne an: „Schaut aus wie ein Kamel mit Zahnfleischentzündung.“

Der bedeutendste Fernsehpreis der Vereinigten Staaten ist der Emmy Award. Neben dem Oscar, der Academy Award für Film, dem Tony Award für Theater und dem Grammy Award für Musik, gilt er als einer der vier großen Preise der US-amerikanischen Unterhaltungsindustrie. „Top Gear“ wurde 2005 der International Emmy Award zugesprochen. Sie galt als die beste außerhalb der USA produzierten Unterhaltungssendung ohne Drehbuch. Diese Auszeichnung gab es, obwohl sich Clarkson mit diversen Herstellern anlegt: „Ich würde mich eher sterilisieren lassen als einen Ford Galaxy zu kaufen.“ Sie bauen aus Autos Raketen. Sie funktionieren die Vehikel zu Amphibienfahrzeugen um, mit dem Versuch einer Kanalüberfahrt. Er sorgt mit seinen derben Sprüchen für diplomatischen Wirbel: "Der einzige Mensch, der in einem Viersitzer-Cabrio gut aussah, war Adolf Hitler.“ Gerne werden Autos auch zu Schrott gefahren. Der Toyota Hilux z.B.: ist als nüchterner Arbeiter konzipiert. Wie nahezu unverwüstlich der über fünf Meter lange Koloss mit seinem Stahlrahmen ist, wurde in der Auto-Kult-Sendung „Top Gear“ eindrucksvoll vorgeführt. Da krachte ein an die 20 Jahre alter Toyota Hilux zunächst in voller Absicht gegen eine 30 Jahre alte Rosskastanie. Anschließend wurde er für mehrere Stunden im Meer versenkt. Final aus acht Metern fallengelassen und noch angezündet, hatte er dieses ohne einen ernsthaften Schaden überstanden. Das total devastierte Auto fuhr einfach noch. Ersatzteile waren nicht von Nöten. Eine geschmalzene Schadensersatzforderung an den Fernsehsender war die Folge.

Solche und noch viele nachfolgende Aktionen und Sprüche waren aber der BBC irgendeinmal inklusive handgreiflicher Auseinandersetzungen zuviel. Die Sendung wurde mit diesem Team und sofortiger Wirkung vorerst abgesetzt. Da half nicht einmal mehr die persönliche Intervetion des Primeministers. Da die Rechte an der Marke „Top Gear“ jedoch bei der BBC blieben, eröffnete 2015 das unzertrennliche Trio – Jeremy Clarkson, Richard Hammond und James May – nach Clarksons Suspendierung ein neues Format, um in der Serie „The Grand Tour“ zu moderieren und ihre verrückten Ideen und kreative Arbeit ebendort fortzusetzen. Die 3 Herren sind in eigener Sache auch anderweitig extrem umtriebig. Das Magazin „The Grand Tour“ wird von der Produktionsfirma W. Chump and Sons produziert, bei der Hammond Mitgründer ist. Es kann ausschließlich von Amazon-Prime-Kunden über Amazon-Video gestreamt werden. Clarkson über den Segway: „Der wurde in Amerika erfunden. Ist doch klar: So können sich fette Amis zum Kühlschrank bewegen, ohne viel Energie aufzuwenden“ – es bleibt also alles beim Alten!

Prof. Ali Meyer | Editor-in-Chief | IN VINO VERITAS | Moderne Mobilität im Weinbau 4.0